Die weltweite Energiewende ist nicht nur machbar, sie ist auch nicht mehr aufzuhalten. Das verdeutlicht die neue WWF-Analyse zu den »Megatrends« auf dem globalen Energiemarkt. Das wohl bemerkenswerteste Ergebnis: »Das Ende der Fossilen ist weltweit unausweichlich«, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. Seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens 2015 ziehen immer mehr Finanzorganisationen, Investoren und Unternehmen ihr Kapital aus großen Kohle-, Öl- und Gaskonzernen ab. Gleiches gilt für viele Regierungen, die Klimaneutralität für ihr Land anstreben. Und die Kostenvorteile der regenerativen Stromerzeugung werden mit steigenden Preisen für CO2-Emissionen weiter zunehmen.
»Investitionen fließen zum Großteil nur noch in Erneuerbare«, stellt Viviane Raddatz fest. Laut WWF-Report dominieren sie klar den Zubau neuer Stromerzeugungskapazitäten: Mehr als 80 Prozent der weltweit neu installierten Leistung waren 2020 erneuerbar. Die rund um den Globus installierte Windenergieleistung hat sich zwischen 2014 und 2020 verdoppelt, die der Photovoltaik fast vervierfacht. Erneuerbare Energien würden auch das Rückgrat für eine elektrische Wärme- und Verkehrswende bilden, erläutert die Klimaexpertin die weiteren Trends. Entwicklungen wie etwa beim grünen Wasserstoff könnten dabei helfen, auch die letzten Meter zur Klimaneutralität in der Industrie und beim Flugverkehr zurückzulegen.
Auffällig: Selbst Regierungen, die den Klimaanstrengungen ablehnend gegenüberstanden, konnten die Energiewende nach Paris nicht mehr stoppen. So ging etwa unter Donald Trump in den USA mehr Kohlestrom vom Netz als unter George W. Bush oder Barack Obama – und das trotz seines lautstarken Einsatzes für die Kohleindustrie. Zudem wurden unter Trump die mit Abstand meisten Wind- und Solaranlagen in Betrieb genommen. Der Grund: US-Bundesstaaten wie Kalifornien, aber auch viele große Unternehmen setzten ihre Klimaschutzanstrengungen ungeachtet der Vorlieben des Präsidenten einfach fort.
Auch mit einer Renaissance der Atomkraft rechnet der WWF nicht: In den vergangenen 30 Jahren hätten in der EU nur drei Länder tatsächlich mit dem Bau neuer Reaktoren begonnen. Alle drei Vorhaben kämpften mit langjährigen Bauverzögerungen und astronomischen Kostensteigerungen. Selbst in den USA gebe es kaum Neubauvorhaben. Nur in China sieht es noch anders aus. Trotzdem sank der Anteil der Atomkraft an der globalen Stromversorgung von 17,5 Prozent im Jahr 1996 auf 10,1 Prozent im Jahr 2020. Daran dürften auch die kleinen modularen Reaktoren wenig ändern, über die zurzeit gerne diskutiert wird. Zum einen gibt es sie bisher nur in Computeranimationen; zum anderen würde es bis zu ihrer Marktreife mehr als 20 Jahre dauern, wie das Bundesamt für die Sicherheit in der nuklearen Entsorgung analysiert – zu spät für die Lösung der Klimakrise.
Denn die Zeit drängt: Um die Erderwärmung wirksam zu begrenzen, müsse die Energiewende jetzt deutlich an Dynamik gewinnen, betont der WWF. Dem läuft zuwider, dass Länder wie China oder Indien noch immer neue Kohlekraftwerke ans Netz bringen. Und auch Deutschland habe sich in den vergangenen Jahren abhängen lassen, kritisiert Viviane Raddatz und fordert eine Kehrtwende von der neuen Bundesregierung: »Das für dieses Jahr angekündigte Klima-Sofortprogramm muss sicherstellen, dass 2030 mindestens 80 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren stammen.«