Die Sorge um die Energiesicherheit, höhere Preise für fossile Brennstoffe, aber auch eine wachsende politische Dynamik werden Wind- und Solarenergie dieses Jahr zu einem globalen Höhenflug verhelfen. Laut einem aktuellen Marktupdate der Internationalen Energieagentur (IEA) werde der weltweite Zubau an erneuerbarer Kraftwerksleistung 2023 auf mehr als 440 Gigawatt ansteigen. Das ist ein rasanter Anstieg beim Marktwachstum um über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. »Solar- und Windenergie stehen an der Spitze des schnellen Ausbaus der neuen globalen Energiewirtschaft«, kommentiert Fatih Birol, Direktor der IEA, den Rekordzubau an Neuanlagen. »Die globale Energiekrise hat gezeigt, dass erneuerbare Energien von entscheidender Bedeutung sind, um die Energieversorgung nicht nur sauberer, sondern auch sicherer und erschwinglicher zu machen – und die Regierungen reagieren darauf mit Bemühungen, sie schneller einzusetzen.«
Den Energieexpert:innen der IEA zufolge sind es derzeit die wichtigsten Märkte der Welt, die den Ausbau beschleunigen. In der Europäischen Union etwa ist es der Ukrainekrieg, der den Mitgliedsstaaten ihre Abhängigkeit von russischen Energieimporten vor Augen geführt und der Energiewende neue Dringlichkeit verliehen hat. In den USA und Indien würden neue politische Maßnahmen in den kommenden zwei Jahren für einen Wachstumsschub der Erneuerbaren sorgen, während China seine führende Position festige und laut IEA sowohl 2023 als auch 2024 gut die Hälfte des weltweiten Zubaus beisteuern werde.
Besonders die Solarenergie erfährt einen nachhaltigen Wachstumsschub: So dürften dieses Jahr zwei Drittel des erwarteten Zubaus auf Photovoltaik entfallen, darunter große Freiflächenanlagen ebenso wie kleine Systeme für Dach oder Balkon, mit denen die Menschen Stromkosten sparen. Zugleich geht die Agentur davon aus, dass sich die globale Kapazität für die Herstellung von Photovoltaik-Komponenten bis 2024 mehr als verdoppeln wird auf dann fast 1.000 Gigawatt. Damit wäre die Photovoltaik auf gutem Weg, ihren Teil zur Klimaneutralität der Welt bis 2050 beizusteuern. China liegt bei den Herstellungskapazitäten erneut mit Abstand vorn, doch Europa, Indien und die USA wollen aufholen, sodass sich das Angebot stärker diversifizieren wird. Auch bei der Windkraft an Land erwartet die IEA für das laufende Jahr wieder einen kräftigeren Zuwachs um satte 107 Gigawatt: Nachdem die Branche in den vergangenen zwei Jahren stark von Lieferkettenproblemen und den Covid-19-Beschränkgungen in China betroffen war, sei in 2023 mit der Fertigstellung vieler Projekte zu rechnen, deren Bau sich zuvor verzögert habe.
Für die EU haben die Energieexpert:innen ihre Prognose zum Erneuerbaren-Ausbau in den Jahren 2023 und 2024 sogar um 40 Prozent nach oben korrigiert. Grund dafür sind zum einen die hohen Strompreise, die insbesondere die Nachfrage nach kleineren Solaranlagen beflügeln. Zum anderen ist es die wachsende politische Unterstützung für Wind und Sonne, gerade in wichtigen Märkten wie Deutschland. So hätten die Mitgliedsstaaten in den vergangenen 18 Monaten mehr politische und regulatorische Änderungen zur Genehmigungsbeschleunigung vorgenommen als im gesamten Jahrzehnt zuvor. Dank der neu installierten Wind- und Solarleistung würden Stromverbraucher:innen in der EU im Zeitraum von 2021 bis 2023 voraussichtlich bereits rund 100 Milliarden Euro einsparen. Ohne diesen Zubau hätte der europäische Großhandelspreis für Strom allein im vergangenen Jahr durchschnittlich um acht Prozent höher gelegen, schreibt die IEA. Erneuerbare rechnen sich also nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch.