Zwischen März und September 2022 stammten bereits 24 Prozent der EU-weiten Stromproduktion allein aus Windkraft und Photovoltaik – das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt 345 Terawattstunden kamen seit März zusammen, wie eine aktuelle Studie der beiden Umweltschutzorganisationen Ember und E3G vorrechnet. Auch Deutschland erzielte in diesem Zeitraum einen neuen Rekord: Mit 104 Terawattstunden Ökostrom lieferten die beiden erneuerbaren Energien etwa ein Drittel der bundesweiten Erzeugung. 18 weitere EU-Länder, darunter Frankreich, Italien und Polen, stellten ebenfalls neue Produktionsrekorde auf.
Die Analyse geht davon aus, dass der Rekordzuwachs der beiden Erneuerbaren den Verbrauch von rund acht Milliarden Kubikmeter Gas ersetzt hat. Dadurch wurden Kosten in Höhe von 11 Milliarden Euro eingespart, denn Wind- und Sonnenstrom ist deutlich günstiger als Strom aus Erdgas, dessen Kosten seit Beginn des Ukrainekriegs noch einmal deutlich gestiegen sind. »Wind- und Solarenergie helfen den europäischen Bürgern schon jetzt«, kommentiert Chris Rosslowe von Ember das Ergebnis, »aber das zukünftige Potenzial ist noch größer«. Die angespannten Märkte für Flüssiggas würden auch in den kommenden Jahren für hohe Gaspreise sorgen, ergänzt Artur Patuleia von E3G. Daher müssten die europäischen Regierungen die Pläne der EU unterstützen, die Energiewende angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter zu beschleunigen.
Dem würde wohl auch die Mehrheit der EU-Bürger:innen zustimmen, wie die jährliche Klimaumfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) zeigt. 66 Prozent der Befragten äußerten dort bereits im August die Meinung, dass der Krieg und seine Auswirkungen auf die Öl- und Gaspreise den Anstoß schlechthin geben sollten, die Geschwindigkeit beim Umbau der Energiesysteme zu erhöhen. »Die Ergebnisse der EIB-Klimaumfrage 2022 zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Krise auch als Gelegenheit sehen, unsere Volkswirtschaften rascher auf einen CO2-armen und klimaresilienten Zukunftskurs zu bringen«, sagt Ambroise Fayolle, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank.
Auch die Deutschen sind der Umfrage zufolge stärker denn je für die Klimafolgen sensibilisiert, wohl nicht zuletzt infolge der Hitzewellen, Dürren und Waldbrände des vergangenen Sommers. Wurde hierzulande im Vorjahr noch Corona als die größte Bedrohung gesehen, stehen jetzt Klimawandel und Umweltschäden an erster Stelle. 65 Prozent der befragten Bundesbürger:innen zählen sie zu ihren Hauptsorgen. Fast acht von zehn meinen zudem, dass sich der Klimawandel auf ihren Alltag auswirkt; das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Um den Energieverbrauch weiter zu senken, unterstützen immerhin 62 Prozent der Deutschen eine höhere Besteuerung von umweltschädlichen Aktivitäten wie Flugreisen oder Fahrten mit dem SUV. Mit 65 Prozent befürwortet zudem eine deutliche Mehrheit ein strengeres Tempolimit auf deutschen Autobahnen.