Ob Corona-Pandemie oder die fossile Energiepreiskrise infolge des Ukrainekriegs: Die Energiewende hat sich in den vergangenen sechs Jahren als krisenresilienter Jobmotor erwiesen. Das geht aus einer aktuellen Studie für den Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung hervor, durchgeführt vom Institut der deutschen Wirtschaft. Rund 60 Millionen Online-Stellenanzeigen aus den Jahren 2019 bis 2024 haben die Expert:innen dafür analysiert. Das Ergebnis: Während die Zahl aller offenen Stellen im untersuchten Zeitraum krisenbedingt schwankte, nahm der Anteil der Jobangebote mit Bezug zur Energiewende stetig zu – von 1,8 auf 3,8 Prozent. Das entspricht einem Anstieg um mehr als das Doppelte, von rund 173.000 ausgeschriebenen Stellen in 2019 auf rund 372.500 im vergangenen Jahr.
Selbst das Eintrüben der Konjunktur 2024 bekam der Energiewende-Sektor weniger zu spüren als die Gesamtwirtschaft. So sank die Zahl der Stellenanzeigen im vergangenen Jahr insgesamt um 16 Prozent, in den Branchen der Erneuerbaren und der Energieinfrastruktur aber nur um 8 Prozent. »Während in der Industrie in großem Umfang Stellen abgebaut werden, entstehen im Bereich der Energiewende nach wie vor zusätzliche Jobs«, kommentiert Jana Fingerhut, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, die Zahlen. »Mit Blick auf den Genehmigungsrekord von Windkraftanlagen im Jahr 2024 dürfte der Bedarf an Arbeitskräften für die Energiewende in den nächsten Jahren noch zunehmen.«
Um den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben und Deutschland unabhängig vom Import fossiler Brennstoffe zu machen, hat die Ampel-Koalition in den vergangenen drei Jahren eine Vielzahl an Beschleunigungsmaßnahmen zur Genehmigung und Installation neuer Anlagen auf den Weg gebracht. Knapp 60 Prozent unseres Stroms stammten 2024 bereits aus erneuerbaren Quellen; bis 2030 sollen es mindestens 80 Prozent sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Windkraft und Photovoltaik weiterhin stark ausgebaut werden. Das spiegelt der wachsende Bedarf an Arbeitskräften bereits wider.
Der wichtigste Treiber beim Ausbau der Erneuerbaren war in den vergangenen Jahren die Photovoltaik. Dementsprechend gibt es in der Solarbranche den größten Fachkräftebedarf: Zwischen 2019 und 2024 hat sich die Zahl der ausgeschriebenen Stellen von rund 41.500 auf 102.000 erhöht und damit deutlich mehr als verdoppelt. Danach folgt die Windenergie mit einem Zuwachs um 70 Prozent auf rund 52.500 Jobangebote im vergangenen Jahr. Ein Großteil der offenen Stellen entfällt zudem auf die Energieinfrastruktur und hier besonders auf den Ausbau der Stromnetze und die Speicherung von Energie.
»Das Beschäftigungspotenzial ist enorm – über alle Qualifikationsniveaus und Berufsfelder hinweg«, berichtet Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, auch mit Blick auf die ambitionierten Ausbauziele für Windkraft und Photovoltaik. »Von der Bauelektrik über den Vertrieb bis hin zu Forschung und Entwicklung eröffnen sich Chancen für Absolventinnen, Berufserfahrene und wachsend auch für Quereinsteigerinnen.« Von Vorteil sei dabei auch die dezentrale Struktur der Erneuerbaren, so Axthelm weiter. »Dadurch sind die Arbeitsplätze nicht auf Metropolregionen beschränkt, sondern breit über das gesamte Land verteilt. Davon können alle Regionen profitieren.«