»Es ist erstaunlich, welche Vielfalt sich innerhalb kurzer Zeit in Solarparks entwickelt«, berichtet Dr. Tim Peschel. Er und sein Kollege Rolf Peschel sind die Autoren der Untersuchung »Artenvielfalt im Solarpark – eine bundesweite Feldstudie«, die der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) in Auftrag gegeben hat. Gemeinsam mit sieben Gutachterbüros haben die beiden Biologen von April bis September 25 Photovoltaik-Freiflächenanlagen in zehn deutschen Bundesländern sowie eine Anlage in Dänemark untersucht. Ziel der Untersuchung ist es, eine Datenbasis zu schaffen und herauszufinden, welche Tiere und Pflanzen die Parks unter welchen Voraussetzungen besiedeln.
Und das sind offenbar erstaunlich viele Arten, wie eine erste Auswertung der untersuchten Solarparks zeigt: So erfassten die Biologen allein 354 unterschiedliche Pflanzen, zu denen auch gefährdete Arten wie das Gelbweiße Ruhrkraut oder der Österreichische Ehrenpreis zählen. Zudem unterscheide sich die Pflanzenwelt an den einzelnen Standorten stark. »Wir gehen davon aus, dass die unterschiedlichen Bedingungen wie Vornutzung und Umgebung des Standorts den größten Einfluss auf die Entwicklung der Tier- und Pflanzenarten in Solarparks haben«, erklärt Dr. Tim Peschel. Aber auch Faktoren wie die Bewirtschaftung und die Bauweise seien entscheidend. »Wenn zum Beispiel Schafe in einer Anlage grasen, ziehen sie Insekten an, die wiederum als Futter beispielsweise für Vögel dienen.«
Auf verschiedene Schmetterlingsarten scheinen die Solarparks sogar relativ schnell eine Attraktionswirkung auszuüben: 34 Arten konnten die Biologen bisher nachweisen. Gegenüber einem Getreideacker, der üblicherweise nur eine geringe Eignung für Schmetterlinge aufweise, sei die Verbesserung der Lebensraumqualität sehr deutlich. Auch 30 verschiedene Heuschreckenarten tummelten sich unter den Bewohnern, das entspricht einem Drittel aller davon in Deutschland vorkommenden Arten. Heuschrecken sind für viele andere Tiere eine eiweißreiche Nahrungsquelle, etwa für Brutvögel oder Reptilien. »Wir gehen davon aus, dass wir noch viele positive Entwicklungen zum Beispiel bei Amphibien und Vögeln dokumentieren werden«, sagt Dr. Tim Peschel.
Für die Tier- und Pflanzenwelt können Solarparks zu wertvollen Strukturelementen werden, an denen es in der intensiven Landwirtschaft oft mangelt. So herrsche unter den Modulreihen ein kühles, feuchteres Klima als in den sonnig-warmen Bereichen der Parks. Entsprechend fanden die Autoren unter den Modulen Pflanzen, die sonst eher im Wald oder an dessen Rändern anzutreffen sind, wie Fingerhut, Erdbeeren oder Himbeeren. Selbst entlang von kleinen Gewässern oder geschotterten Wegen können sich typische Arten ansiedeln, sodass ein vielfältiger Lebensraum auf kleiner Fläche entstehe. »Mit den Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen erzeugen wir einen Dreiklang«, sagt BNE-Geschäftsführer Robert Busch, »denn biodiverse Solarparks vereinen Artenvielfalt, Energiewende und Landwirtschaft.«
Die vollständige Studie zur Biodiversität in Solarparks soll im ersten Quartal 2025 erscheinen. Darin werden weitere Gutachten aus etwa 60 Parks einfließen. Von Bedeutung sind die Ergebnisse sicher auch für die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Solarparks, denn bis 2030 soll die installierte Photovoltaik-Leistung in Deutschland von 81,7 Gigawatt Ende 2023 auf dann 215 Gigawatt ausgebaut werden – die Hälfte davon auf Freiflächen wie in der Landwirtschaft. Bedenken wegen möglicher Belastungen der Umwelt spielen dabei in Umfragen immer wieder eine Rolle. Tier- und Pflanzenwelt in den bisher untersuchten Parks geben hier vorerst Entwarnung.