Wind und Sonne können es preiswerter: Nicht nur unter den Erneuerbaren sind Windparks an Land und Photovoltaikanlagen auf Freiflächen die günstigsten Stromproduzenten. Mit Erzeugungskosten zwischen 4,1 und 9,2 Cent pro Kilowattstunde unterbieten sie in Deutschland mittlerweile auch alle anderen Kraftwerksarten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie zu den Stromgestehungskosten verschiedener Kraftwerke, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE seit 2010 regelmäßig erstellt.
Neue Kohlekraftwerke kämen den Berechnungen zufolge bereits auf 15,1 bis 29,3 Cent pro Kilowattstunde – die steigenden CO2-Preise machen sich hier bemerkbar; Atomstrom schlüge im günstigsten Fall mit 13,6 Cent zu Buche, im Extremfall mit 49 Cent – die Kosten für die Endlagerung, zum Beispiel der ausgebrannten Brennstäbe, nicht eingerechnet. Sogar Photovoltaiksysteme mit Batteriespeichern, mit denen sich der Strom auch zu sonnenarmen Zeiten nutzen lässt, unterbieten inzwischen die konventionellen Kraftwerke. Lange Zeit galten solche integrierten Speicher als Kostentreiber, heute liegen die Erzeugungskosten bei der Integration in einen Solarpark nur noch zwischen 6,0 und 10,8 Cent.
»Diese Berechnungen zeigen, dass die in Deutschland gerade anlaufenden Großprojekte mit einer Kombination aus PV-Freiflächenanlage, Windpark und stationären Batteriespeichern gute Investitionen sind«, sagt Christoph Kost, Abteilungsleiter für Energiesystemanalyse am Fraunhofer ISE und Hauptautor der Studie. »Durch die Kombination können hier beispielsweise Netzkapazitäten besser ausgenutzt werden.«
Bis 2045, so die Prognose des Forschungsteams, werden die Erzeugungskosten für erneuerbare Energien weiter sinken. Solarparks etwa könnten dann ab 3,1 Cent Strom produzieren, Onshore-Windparks ab 3,7 Cent. Anders sieht es bei den konventionellen Kraftwerken aus. Hier werden in der Zukunft Erzeugungsformen benötigt, die sich bei Bedarf schnell hoch- und runterfahren lassen, wie erdgas- und wasserstoffbasierte Kraftwerke. Für ein im Jahr 2030 gebautes wasserstoffbetriebenes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk berechnet die Studie Kosten zwischen 23,6 und 43,3 Cent im hochflexiblen Betrieb. Die Beschaffung von Wasserstoff, mögliche CO2-Kosten, aber auch der geringe Ausnutzungsgrad der Kraftwerke wirken hier als Preistreiber. »Wir benötigen sie als wichtige Ergänzung«, stellt Paul Müller vom Fraunhofer ISE fest. »Allerdings wird ihr Betrieb auf das Nötigste beschränkt sein.«
Um insbesondere grünen Wasserstoff in Deutschland zu produzieren und zu verteilen, soll in den kommenden Jahren die dafür notwendige Infrastruktur entstehen. Dazu hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Mitte Juli Förderbescheide für 23 zukunftsweisende Projekte übergeben. Sie umfassen das Errichten von Elektrolyseuren mit zusammen 1,4 Gigawatt Kapazität für die Wasserstoffproduktion, innovative Speicher sowie den Aufbau eines 2.000 Kilometer langen Leitungsnetzes, das auch die Anbindung von Nachbarländern erlaubt. »Eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur spielt eine Schlüsselrolle, um die Dekarbonisierung der Industrie und des Energiesektors zu ermöglichen«, sagt Robert Habeck. »Wasserstoffleitungen werden die Lebensadern der Industriezentren sein. Damit schaffen wir die Voraussetzung für klimaneutrales Wachstum.«
Der Bund und die beteiligten Bundesländer steuern zusammen eine Fördersumme von 4,6 Milliarden Euro bei. Zusätzliche 3,3 Milliarden Euro investieren die beteiligten Unternehmen. Damit beläuft sich das Gesamtinvestitionsvolumen für die 23 Wasserstoffprojekte auf etwa 7,9 Milliarden Euro.