Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist das Ziel klar definiert: Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Stromverbrauch auf 65 Prozent steigen. Mit dem zuletzt ins Stocken geratenen Tempo des Erneuerbaren-Ausbaus sei dieses Ziel allerdings nicht zu erreichen, warnt der Bundesverband Erneuerbare Energie und fordert die Politik zum Handeln auf.
»Der Ausbau der Erneuerbaren muss wieder beschleunigt werden«, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht rasch verändern, werde Deutschland seinen Stromverbrauch 2030 nur zu 44 Prozent aus regenerativen Quellen decken können – mit allen negativen Implikationen, etwa für den Klimaschutz.
Simone Peter stützt sich dabei auf das neue »BEE-Szenario 2030«, in dem berechnet wird, wie viel zusätzliche Kraftwerksleistung zum Erreichen des Koalitionsziels notwendig wäre. Anders als die Bundesregierung geht der BEE dabei von einem steigenden deutschen Stromverbrauch aus, etwa durch den Ausbau der Elektromobilität und eine wachsende Anzahl elektrischer Wärmepumpen in Gebäuden. Berechnungsgrundlage für den Anstieg sind unter anderem die CO2-Einsparziele, die der deutsche Klimaschutzplan für Verkehr, Gebäude und andere Sektoren bis 2030 vorgibt. Sie sind nur mit zunehmender Elektrifizierung zu erreichen.
Der BEE fordert deshalb von der Politik, die Ausbaupfade für erneuerbare Energien deutlich zu erhöhen, ein konkretes Zeit- und Mengengerüst für das Ausbauziel 2030 vorzulegen und die erforderlichen Flächen und Genehmigungen bereitzustellen. »Nachdem vor Kurzem erst das Netzausbaubeschleunigungsgesetz beschlossen wurde, sollte Energieminister Peter Altmaier jetzt ein ähnliches Gesetz für den forcierten Ausbau der Erneuerbaren vorlegen«, meint auch Marcel Keiffenheim vom Ökostromanbieter Greenpeace Energy. Ein weiterer Baustein könne dabei der Kohleausstieg sein und eine damit verbundene leichtere Nachnutzung von frei werdenden Braunkohleflächen für Erneuerbare. Der BEE plädiert darüber hinaus für eine CO2-Bepreisung, durch die »endlich faire Wettbewerbsbedingungen für saubere Technologien« geschaffen würden. Außerdem müsse das vom Bundesumweltministerium geplante Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht werden.
Mit einem 15-Punkte-Plan fordert auch der Thinktank Agora Energiewende die Bundesregierung zum Handeln auf. Schaffe es Deutschland nicht, bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgas auszustoßen als 1990, könne das den Steuerzahler 30 bis 60 Milliarden Euro kosten. Diese würden fällig, um in anderen EU-Staaten Emissionsrechte für die in Deutschland fehlenden Treibhausgasminderungen zu erwerben. »Dieses Geld sollte besser hierzulande investiert werden«, sagt Agora-Direktor Patrick Graichen. »Denn es gibt dafür nicht nur Klimaschutz, sondern auch eine zukunftsfähige Infrastruktur, Häuser mit höherem Wohnwert und eine weiterhin wettbewerbsfähige Industrie.«